Christo und Jean Claude – die Verhüllung des Reichstags
Das Künstlerpaar Christo und Jean Claude ist berühmt für seine umfangreichen Verhüllungssaktionen, mit denen die beiden immer wieder weltweit für Furore und kontroverse Reaktionen innerhalb der Gesellschaft sorgten. Eine einzige Verschwendung von Zeit und Geld sagen die einen, während viele andere die höhere Bedeutung und den künstlerischen Wert in ihrem Schaffen anerkennen. In Deutschland erlangten sie spätestens Bekanntheit durch ihre unübersehbare Aktion der Verhüllung des Reichstagsgebäudes in Berlin. Am 17. Juni 1995 begann man, den Reichstag vollständig mit einem speziellen Polypropylengewebe zu verhüllen und beließ es bis zum 7. Juli in diesem Zustand.
Erste Vorbereitungen das Reichstagsprojektes
Tatsächlich dauerte das Kunstprojekt mit der Bezeichnung Verhüllter Reichstag (engl. Wrapped Reichstag) jedoch wesentlich länger. Die Idee, ein größeres Verhüllungsprojekt in Deutschland zu starten, schlummerte schon einige Jahre im Kopf des Künstlers Christo. Bereits zwischen 1970 und 1972 fertigte er Zeichnungen zur Verhüllung eines 40 Kilometer langen Abschnitts der Berliner Mauer an. Eine noch größere Symbolwirkung hätte der bedeckte Reichstag gehabt, der sowohl von West- als auch Ostberlin sichtbar gewesen wäre.
1971 sendete der in Berlin lebende Amerikaner Michael S. Cullen dem Künstler eine Postkarte mit der Abbildung des Reichstags und dem Vorschlag, diesen doch zu verhüllen. Das Künstlerpaar war Feuer und Flamme. Aber es sollte noch Jahre dauern, bis der Plan Realität werden konnte, denn das Projekt fand nicht genügend politischen Zuspruch. 1977 wurde sein Projekt zum ersten Mal abgelehnt.
Der politische Spießrutenlauf
Doch Christo blieb hartnäckig und hatte in den Folgejahren vermehrt Kontakt zu einigen einflussreichen Politikern wie beispielsweise 1981 Willy Brandt. Weitere sieben Jahre später lehnte der Bundestagspräsident Philipp Jenninger das Projekt zum dritten Mal ab. Nach dem Mauerfall 1989 und der Wiedervereinigung 1990 stellte sich Rita Süssmuth auf die Seite der Künstler. Schließlich wurde das Projekt sogar im Reichstag debattiert und am 25. Februar 1994 erhielten sie den langersehnten Zuschlag bei einer Bundestagsabstimmung.
Für die endgültige Umsetzung wurde ein Unternehmen gegründet. Man engagierte technisch, kaufmännisch und rechtlich versierte Mitarbeiter und ließ bei zehn Firmen Materialien herstellen. Es wurden unter anderem 109.400 Quadratmeter Stoffgewebe angefertigt und veredelt. Diese ließ man im Zuge der eigentlichen mehrere Stunden dauernden Verhüllungsaktion, die nicht reibungslos verlief, von neunzig Profi-Kletterern anbringen. Das Werk kostete etwa dreizehn Millionen Dollar und wurde von knapp fünf Millionen Menschen aus der Nähe betrachtet.
Das Werk stellt ein gesellschaftspolitisches Symbol dar, welches bis heute in den Köpfen der Menschen nachwirkt und für progressives Denken, Demokratie, Vergänglichkeit und Freiheit steht.